Seit Jahren profitiert die Baubranche von wachsender Nachfrage. Wunderbar eigentlich. Doch der Bauboom hat seine Schattenseiten. Denn die hohe Auslastung der ausführenden Unternehmen sorgt immer häufiger für ausbleibende oder überteuerte Angebote bei Submissionen. Gut laufende Projekte zeigen aber: Es gibt Lösungen, um auch unter diesen erschwerten Rahmenbedingungen bessere Voraussetzungen für Termin- und Kostensicherheit schaffen zu können.
Preisentwicklung innerhalb der Branche
Auf Deutschlands Baustellen herrscht seit Jahren Hochkonjunktur. In der Praxis bedeutet das aber nicht nur volle Auftragsbücher, sondern immer häufiger auch verlängerte Fertigungszeiten und steigende Kosten. Deutlich ablesen lässt sich diese Entwicklung in den „Preisindizes für die Bauwirtschaft“, die das Statistische Bundesamt (www.destatis.de) vierteljährlich veröffentlicht und die seit 2014 einen überdurchschnittlichen Anstieg der Preise innerhalb der Branche aufzeigen, der seit dem letzten Jahr sogar noch dynamisch zunimmt.
Das Zusammenspiel von niedrigen Zinsen, guter wirtschaftlicher Lage, hohen Tarifabschlüssen in der Branche sowie staatlichen Konjunkturprogrammen sorgt mittlerweile dafür, dass die Nachfrage nach Bauleistungen die Leistungsfähigkeit der ausführenden Unternehmen deutlich übertrifft. Der bei Ausschreibungen gewollte Preiswettbewerb fällt damit mehr und mehr aus. Das Resultat dieser Entwicklung ist ein kaum noch kalkulierbares Risiko, bei Submissionen überteuerte oder auch gar keine verwertbaren Angebote zu erhalten.
Extreme Schwankungen bei Submissionen
Diese Entwicklung können wir aus eigener Anschauung auch für die Fuchs Planungsgesellschaft bestätigen: Trotz langjähriger Erfahrung im Bereich Kostenermittlung sowie intensiver Kostenüberwachung- und steuerung registrieren wir immer häufiger extreme Schwankungen bei Submissionen. Um diesen subjektiven Eindruck zu verifizieren, haben wir 15 aktuelle Projekte und 400 Vergaben ausgewertet, die wir in unserer seit 1997 geführten Baukostendatenbank hinterlegt haben.
Das Ergebnis: Bei fast allen Ausschreibungen erhalten wir Angebote, die um 20 bis 50 Prozent über der Kostenberechnung liegen! Und je kürzer die Vorlaufzeit der Ausschreibung ausfällt, desto mehr spekulative Angebote mit 100 Prozent und höherer Abweichung zum Budget werden eingereicht.
Interessant ist, dass die Durchschnittswerte der 400 Vergaben eher unauffällig sind und den vergleichsweise moderaten Preissteigerungen des Statistischen Bundesamtes entsprechen. Bezogen auf den konkreten Einzelfall sind diese Durchschnittswerte aber nur eingeschränkt aussagefähig. Denn geht der Bauherr davon aus, dass er lediglich wenige Prozent Mehrkosten einkalkulieren muss, dann kann er aufgrund der extremen Schwankungen mitunter eine böse Überraschung erleben. Im ungünstigsten Fall muss er bei ausbleibenden oder unwirtschaftlichen Angeboten sogar eine zeit- und kostenaufwändige erneute Ausschreibung durchführen.
Längere Vorlaufzeit erhöht die Kostensicherheit
Um nicht bei der Analyse des Status Quo stehenzubleiben, haben wir in einem zweiten Schritt nach Lösungen gesucht, mit denen wir der oben dargestellten Entwicklung erfolgreich begegnen können. Ganz gezielt haben wir dazu die positiv innerhalb von Termin und Budget ausgeführten Projekte nach Stellschrauben untersucht. Dabei zeigt sich eindeutig: Je länger die Vorlaufzeit zwischen der Vergabe und dem Ausführungsbeginn des Gewerkes ausfällt, desto mehr und desto wirtschaftlichere Angebote erhalten wir.
Mit jedem Monat verlängerter Vorlaufzeit steigt außerdem die Attraktivität der Ausschreibung für leistungsfähige und seriös kalkulierende Firmen, die alle in der aktuellen Marktsituation über viele Monate im Voraus ausgebucht sind. Und ebenso erhöht sich die Chance der Bieter, über eine vorausschauende Material- und Personaldisposition ein profitables Projekt zu akquirieren. Zwar können teure und spekulative Angebote damit nicht vollständig vermieden werden, die damit verbundenen Auswirkungen auf Kostensicherheit und Termine sind aber längst nicht so relevant.
Bei zeitkritischen, sehr engen Vertragsterminen erhalten wir andererseits deutlich weniger, teilweise gar keine und vor allem teurere Angebote. Das bedeutet: Jeder Monat, der als zusätzliche Vorlaufzeit eingeplant wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit auf eine störungsfreie Projektabwicklung ohne „Ehrenrunden“ zur Findung eines Unternehmers oder zum Austausch eines nicht leistungsfähigen „Spekulanten“.
Für eine maximale Termin- und Kostensicherheit empfehlen wir unseren Auftraggebern zurzeit deshalb, planmäßig einen zusätzlichen Puffer in der Ausschreibungsphase zwischen der Vergabe und dem Start des jeweiligen Gewerkes auf der Baustelle vorzusehen, der in der aktuellen Marktsituation mindestens acht Wochen länger als vor der Marktüberhitzung ausfallen sollte. Hierdurch erhöht sich die Attraktivität einer Ausschreibung für den Bieter und führt darüber hinaus zu fairen Vertragskonditionen. Denn letztlich ist es deutlich besser, von vorne herein einen späteren Baustart einzuplanen, als hinterher eine teure Bauzeitverlängerung in Kauf nehmen zu müssen.
24.08.2020 | Fuchs Planungsgesellschaft mbH & Co. KG